Jeden Tag Reicher
StartseiteAGBKontaktImpressum

Der Aufpasser


Wussten Sie, dass Dr. Martin Winterkorn bis 2015 Vorstandsvorsitzender nicht nur von Volkswagen war, sondern auch von Porsche sowie Aufsichtsratsvorsitzender von Audi? Vielleicht bekommt er deswegen eine Betriebsrente von 3.100 Euro – pro Tag!

Aber die ist jetzt in Gefahr. Nicht nur, weil sie nach dem neuen Aktienrecht „unbillig“ sein könnte. Winterkorns Betriebsrente ist aus 2 anderen Gründen gefährdet:
- Erstens, weil VW sie demnächst mit Schadenersatzansprüchen aus dem Abgas-Skandal verrechnen könnte.
- Und zweitens, weil den Pensionskassen das Geld ausgeht. Schuld daran sind vor allem die seit Jahren herrschenden Niedrigstzinsen, die vor allem deutschen Versicherern so zu schaffen machen.

Im April 2019 wurde bekannt, dass Martin Winterkorn weitere Probleme ins Haus stehen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig erhebt Anklage eben wegen des seinerzeitigen Abgas-Skandals. Die Vorwürfe: Missachtung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb und schwerer Betrug. Dazu kommt der Vorwurf der Untreue, weil er die rechtswidrigen Manipulationen an den Diesel-Motoren nicht unverzüglich den Behörden und Kunden bekannt gemacht habe, als er selbst davon erfuhr. Die drohende Strafe: zwischen sechs Monaten und 10 Jahren Haft…

Dr. Martin Winterkorn ist also Geschichte im VW-Konzern – dafür hat jetzt ein ganz anderer das Sagen: Als die Software-Manipulationen an den Dieselmotoren in den USA aufflogen, konnte Volkswagen die strafrechtlichen Ermittlungen dadurch zum Abschluss bringen, dass sich das Unternehmen unter anderem zur Zahlung von 4,8 Mrd. US-Dollar bereit erklärte.

Teil dieser Vereinbarung ist aber auch, dass man sich einer externen Aufsicht in seiner Konzern-Zentrale unterwirft. Seit Ende 2017 hat Volkswagen nun einen US-Aufpasser in seinen Räumen und der hat weitreichende Befugnisse.

Es handelt sich um den 73-jährigen amerikanischen Top-Juristen Larry Thompson, der einst unter Präsident George W. Bush stellvertretender Justizminister war. Er soll bei Volkswagen einen „Kulturwandel“ herbeiführen.

Dem VW-Konzern entsteht dadurch immens viel Arbeit, denn Thompson setzt für die Umsetzung von Maßnahmen, die er für notwendig hält, Fristen von einem bis sechs Monaten und macht viel Druck. Der Jurist kann ohne Einladung an Vorstandssitzungen teilnehmen, hat Zugang zu allen Büros und Dokumenten bei VW und Audi. Ob ihm dabei auch Betriebsgeheimnisse in die Händen fielen, ist bislang noch nicht bekannt. Über seine Arbeit veröffentlicht Thompson hunderte Seiten starke Zwischenberichte, die derzeit noch recht kritisch ausfallen.

Dem VW-Konzern entstehen dadurch aber auch immens hohe Kosten, denn Thompson ist nicht allein. Sein Team besteht aus ca. 60 Mitarbeitern. In Wolfsburg (bei VW) und in Ingolstadt (bei Audi) hat er jeweils ein Büro. Darüber hinaus hat er zwei Büros in den USA und ein weiteres an seinem Wohnort in Kalifornien.

Einmal im Monat kommt er für eine Woche nach Deutschland und wohnt dann im 5-Sterne-Superior-Hotel „Ritz Carlton“ in Wolfsburg. Das ganze Monitoring kostet Volkswagen zusätzlich etwa 500 Millionen Euro… Weltweit kostet die Aufarbeitung des Abgas-Skandals den Konzern wohl um die 30 Milliarden inklusive Entschädigung der Kunden!

Wie lange Larry Thompson bleiben wird? Eigentlich spricht die Vereinbarung mit den US-Justizministerium von einem Zeitraum von drei Jahren. Aber ob das wirklich das Ende ist, wird sich herausstellen.

Denn die Schweizer Großbank Crédit Suisse, die sich 2014 in den USA der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig bekannte, musste nicht nur 2,6 Milliarden Dollar Strafe zahlen, sondern ebenfalls einen Aufpasser akzeptieren. Seine 2-jährige Überwachungszeit lief zwar im Herbst 2016 ab – aber der Aufpasser blieb einfach... Ohne Begründung. Neil Barofsky, so heißt dieser Anwalt, stellt weiterhin hohe Rechnungen an die Bank für sich und sein Team und hat in drei Jahren schon 570 Millionen USD Kosten verursacht!

Übrigens:
Die beiden oben genannten Beispiele sind keine Einzelfälle. Auch die Deutsche Bank, die Commerzbank, Siemens und Bilfinger haben mittlerweile US-Aufseher am Hals.

AUCH INTERESSANT:
Der amerikanische Schutzgeld-Erpresser
Die gewaltige US-Drogenkrise
Das Wunderland für Schadenersatzklagen


Zurück zur Übersicht




Footer von Jeden Tag Reicher