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Ein Geld ist nicht genug

In seinem Buch "Zukunft entsteht aus der Krise" hat Geseko von Lübke kurz nach der Krise 2008 auch die große Margrit Kennedy, die große Pionierin der Komplementärwährungen, interviewt. Leider ist sie vor gut einem halbem Jahr verstorben, was ich jetzt zum Anlass nehmen möchte, dieses Interview kurzzufassen:

Frau Kennedy sieht die erste große Krise des neuen Jahrtausends als etwas ganz Besonderes an: "Wir sind als Menschheit gerade dabei, einen riesigen Entwicklungssprung zu tun. ... Das Geld ist ein wichtiger Teil dieses Bewusstseinswandels. Entweder wir ändern unsere Strukturen und unser Denken, oder wir werden als Spezies schlicht nicht überleben."

Und weiter: "Es ist dies nicht die erste Banken- und Währungskrise, die wir in den letzten Jahrzehnten erlebt haben, nur dieses Mal trifft sie uns global und nicht nur lokal, und ist damit von völlig anderer Wucht und Dauer.
... Für mich ist die aktuelle Krise ein Vorbote einer auf uns zukommenden Welle von Pleiten, Pech und Pannen."

Wenn man das Szenario weiterdenkt, so wäre der größte Katastrophenfall der komplette Zusammenbruch der Monopolkultur des momentanen Geldes. So ein Szenario hat Kennedy bereits in Argentinien miterlebt: "Es funktioniert zeitweise nur noch der Tauschhandel. Alle Banken waren völlig verbrettert, weil die Leute Steine in die Scheiben geworfen haben. Alle Infrastrukturen brechen zusammen ..."

Das Problem unseres gegenwärtigen Geldes besteht für Frau Kennedy darin: "dass das Geld weiter exponentiell wachsen soll, während die realen Werte immer an irgendeiner realen Obergrenze aufhören zu wachsen." Das ist der kritische Kern- und Schwachpunkt. Denn so löst sich das Geldsystem immer stärker von der wirtschaftlichen Realsphäre. Das Geldsystem schafft immer wieder und immer mehr Blasen, die nach und nach platzen und bei denen immer mehr Verlierer als Gewinner übrigbleiben.

Beim aktuellen Geldsystem gibt es drei Missverständnisse:

1. Das Missverständnis von natürlichen und unnatürlichen Wachstumsvorgängen. Beim natürlichen Wachstum ist selbiges bei einer optimalen Größe beendet. Alles andere wäre krankhaft. Und das Zinseszinssystem zeigt ebenso ein krankhaftes Wachstum.

2. Das zweite Missverständnis liegt im Zinssystem. Und dabei belastet uns das Zinssystem nicht nur, wenn wir Kredite zurückzahlen: "Die meisten Menschen verstehen nicht, wie sie Zinsen zahlen. Sie glauben, sie zahlen nur Zinsen, wenn sie sich auf der Bank Geld leihen. Sie übersehen systematisch, dass der Zins, den der Produzent von Gütern an die Bank zahlt, um Maschinen zu kaufen und das Ganze überhaupt am Leben zu erhalten, immer auf die Preise der Produkte draufgerechnet wird."

3. Und das dritte Missverständnis liegt in der Verteilung der Zinsen. "Im Durchschnitt aller Preise gehen bei durchschnittlichen Einkommen etwa 40 bis 50 Prozent in die Zinszahlung ... Und jetzt kommt das dritte Missverständnis. Denn das scheint - oberflächlich betrachtet - wie ein gerechtes System: Alle zahlen die Zinsen in den Preisen, alle bekommen Zinsen, wenn sie sparen. Aber wenn man die deutsche Bevölkerung in zehn gleiche Teile teilt und vergleicht, wer davon profitiert und wer nicht, dann sieht man, dass die ersten 80 Prozent zweimal so viel Zinsen in den Preisen zahlen, wie sie aus Geldanlagen und aus Lebensversicherungen einnehmen.
... Und nur die letzten zehn Prozent der Bevölkerung kriegen all das, was die ersten 80 Prozent verlieren, aus Zinsen zu ihrem Einkommen dazu. Und pro Tag entspricht das in Deutschland etwa einer Milliarde Euro, die umverteilt werden von den 80 Prozent, die für ihr Geld arbeiten müssen, zu den 10 Prozent, die ihr Geld für sich arbeiten lassen können.

"Geld ist kein Naturprodukt, sondern ein völlig künstliche von Menschen gemachte Erfindung und kann deshalb auch von Menschen verändert werden. Geldwachstum bedeutet immer Umverteilung."

Geld hat als Tauschmittel natürlich einen "Jokervorteil" - man kann es gegen alles tauschen. Das Problem ist auch nicht dieser Tauschwert sondern: "Wir müssen damit aufhören, das Horten von Geld mit Zinsen zu belohnen. Das ist total einfach zu verstehen. Es wird niemand auf die Idee kommen, jemandem, der einen Güterwaggon nutzt, eine Belohnung, sprich einen Zins, zu geben, dass er ihn nicht entlädt." Unser Geldsystem muss also zur Krise führen.

Es gibt lt. Margrit Kennedy 3 historisch erprobte Methoden einer Krise zu begegnen:

  1. Crash
  2. soziale Revolution
  3. Krieg

Deshalb ist es heute an der Zeit, eine 4. Lösung zu finden:
4. Parallelwährungen

Als sehr gutes Beispiel nennt sie das Schweizer WIR-System, das sie sich auf Europäischem Niveau gut vorstellen könnte. Quasi eine antizyklische Parallelwährung, die Krisen nivelliert. "Vorerst würden all diese Systeme nur als komplementäre, das heißt als ergänzende Systeme funktionieren. Das wäre ihre eigentliche Stärke.

... Heute weiß man aus der Komplexitätsforschung, dass Stabilität nicht durch Effizienz, sondern auch durch Vielfalt entsteht. Was uns völlig fehlt, ist die Vielfalt von Geld.Und was wir mit diesen Parallelwährungen jetzt versuchen sollten, ist genau das; aus der brüchig gewordenen Effizienz des Geldes durch die Vielfalt zu einer größeren Stabilität und Nachhaltigkeit zu kommen. ... Wir müssen also ganz im Sinne des Marktes dieses letzte Monopol aufgeben."

Und jeder kann dabei "Nationalbank" spielen. "Geld entsteht, indem es gedruckt wird." Als interessantes Beispiel nennt sie den Chiemgauer (der mittlerweile so mächtig ist, dass sogar die lokale Sparkasse nicht mehr dran vorbeikommt). Der Chiemgauer ist ein typisches Regiogeld, das einer Umlaufsicherung unterliegt. Einer Demurrage - das heißt das Geld wird WENIGER wert, wenn man es in der Tasche behält."

Solche Gelder laufen schneller um und haben in der Region eine dementsprechend höhere Wertschöpfung. Als großes historisches Beispiel nennt sie das Wunder von Wörgl: "Wo Geld ist, ist Arbeit. ... Was wir demgegenüber im Moment mit dem Euro erleben, ist eine Schrumpfung dieser Austauschvorgänge und damit die Verarmung auf allen Ebenen." In Wörgl hatte damals die Stadt das Geld gedruckt, das durch Schillinge auf der Bank abgedeckt war. Mit diesen Arbeitswertbescheinigungen haben sie öffentliche Arbeitsprogramme bezahlt."

Die Vielfalt an Geldern sieht Kennedy als eine große Chance: "Noch bricht unser Geldsystem (die Monokultur) alle 30 - 60 Jahre zusammen, weil man nicht begriffen hat, wie man das Fundament verbreitern und nachhaltig konstruieren kann."

Ende der Leseprobe aus dem Gratis-Newsletter JEDEN TAG REICHER
© Quelle & Copyright: Der Knauserer, 06/2014 / Roland Benn, BIG BENN BOOKS





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